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Ausbeutung in der Diakonie. Schwere Vorwürfe wegen Lohndumping
Von REDAKTION, 14. Januar 2011
Die Diakonie soll laut Informationen des Magazins Stern zehntausende Mitarbeiter über Zeitarbeits-firmen beschäftigen und Lohndumping betreiben. Laut dem Magazinbericht nutzen etwa Heime der evangelischen Kirche eine unternehmenseigene Leiharbeitsfirma, um neue Mitarbeiter zu niedrige-ren Zeitarbeitstarifen einzustellen. Außerdem sollen Geschäftsführer von Einrichtungen des evan-gelischen Wohlfahrtsverbands laut Stern GmbHs gegründet haben, um gekündigte Mitarbeiter zu schlechteren Konditionen wieder einzustellen.
Besonders kräftig spart die Diakonie dem Bericht zufolge bei qualifiziertem Personal. Eine exami-nierte Altenpflegerin bekomme bei der Diakonie nach zwei Jahren Berufserfahrung 14,28 Euro pro Stunde, von der Zeitarbeitsfirma aber nur 10,16 Euro.
Der Bundesverband der Diakonie wurde im Stern mit diesen Worten zitiert: Alle diakonischen Ein-richtungen müssen den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Nächstenliebe aushalten. Wenn eine Einrichtung ausschließlich finanzielle Gesichtspunkte in den Vordergrund stellt, handelt sie nicht mehr diakonisch.
Einem Bericht der Tageszeitung junge Welt zufolge stellt das Diakonische Werk (DW) mit seinen aktuell bekanntgewordenen Ausbeutermethoden andere Wohlfahrtorganisationen in den Schatten.
Bei keinem anderen sozialen Arbeitgeber sei die Tendenz, sich als marktwirtschaftliches, ge-winn-orientiertes Unternehmen zu gerieren, so ausgeprägt wie bei der Diakonie, wird die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di von der Zeitung zitiert. (1) Nach ver.di-Informationen sei Lohndumping bei der Diakonie längst Teil der Unternehmensphilosophie.
Die Diakonie verfüge mit dem Verband Diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) über ei-nen eigenen Unternehmerverband, der seit zehn Jahren in der Bundesvereinigung Deutscher Arbeit-geberverbände (BDA) organisiert sei.
Der Vorsitzende der Gesamtmitarbeitervertretung der Stiftung Friedehorst, einer diakonischen Ein-richtung der Wohlfahrtspflege in Bremen, berichtet über die dort herrschenden Zustände. Demnach verdienten die Leiharbeiter rund 30 Prozent weniger als ihre fest angestellten Kolleginnen und Kol-legen:
Die Stimmung unter den Betroffenen ist schlecht. Öffentlich zu protestieren traut sich allerdings kaum einer. Denn diese Beschäftigten sind in der Regel nur befristet eingestellt und haben Angst um ihre Arbeitsplätze.
Unter den regulär angestellten Kolleginnen und Kollegen ist die Solidarität groß. Als 2006 die Leih-arbeitsfirma mit dem schmucken Namen Parat gegründet wurde, demonstrierten sie lautstark da-gegen, konnten aber nichts bewirken. Etwa ein Drittel der rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter in Friedehorst arbeitet zu schlechteren Bedingungen in Leiharbeit und wird nicht nach den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der evangelischen Kirche bezahlt.
Die Kirchen haben den sogenannten dritten Weg gewählt: Sie richten sich nicht nach gewerkschaft-lich mit dem Arbeitgeber ausgehandelten Tarifen, sondern nach Beschlüssen von paritätisch besetz-ten kirchlichen Gremien. (2)
Unterdessen hat das Landesarbeitsgericht in Hamm das Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen infrage gestellt. Die Richter wiesen eine Klage von Evangelischer Kirche und Diakonie in Nord-rhein-Westfalen und Niedersachsen gegen die Gewerkschaft ver.di zurück. Mit der Klage sollte ein grundsätzliches Streikverbot bestätigt werden.
Das Arbeitsgericht Bielefeld hatte Anfang März 2010 noch im Sinne der Kirche geurteilt. Nach der Entscheidung von Hamm kündigten Diakonievertreter Revision beim Bundesarbeitsgericht an. Es wird damit gerechnet, dass der Streit am Ende vom Bundesverfassungsgericht entschieden wird.
Quelle:
(1) http://www.jungewelt.de/2011/01-14/042.php
(2) https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2011/01-14/029.php
Nicht zu vergessen, dass Bewerber /Bewerber gezwungen werden, der evangelischen Kirche beizutreten, wenn sie einen Arbeitsplatz wollen.